Parotistumor – Nervenschonende Entfernung durch den Einsatz von intraoperativem Neuromonitoring (IONM)

HNO

Parotistumor

Chirurgische Eingriffe im HNO-Bereich sind besonders sensibel, da aus einer Verletzung der feinen Nervenstrukturen oft schwerwiegende Folgeschäden für den Patienten resultieren können. Wird ein Parotistumor (Ohrspeicheldrüsenkrebs) operativ entfernt, liegt für den Chirurgen die Herausforderung insbesondere in der Funktionserhaltung des Gesichtsnervs (Nervus facialis). Mit Hilfe des Intraoperativen Neuromonitorings können die Nerven während der OP lokalisiert und deren Funktion überwacht werden.

Parotistumor – seltene Krebserkrankung in Deutschland

Der Parotistumor gehört zu einer seltenen Tumorart in der Gruppe der Speicheldrüsentumore. Die Mehrheit aller Tumore dieser Art, etwa 70% – 80%,[1] ist gutartig. Jedoch sollte auch ein gutartiger Parotistumor immer entfernt werden, da dieser in vielen Fällen zu bösartigen Veränderungen der Ohrspeicheldrüse (Parotis) mutieren kann. Die Ohrspeicheldrüse befindet sich beidseitig angeordnet zwischen Ohr und Unterkiefer.

Der Parotistumor und die Lage des Gesichtsnervs

Einen Parotistumor zu entfernen wird durch den anatomischen Verlauf des Gesichtsnervs erschwert. Dieser ist verantwortlich für die Funktion der mimischen Gesichtsmuskulatur und leitet Aktivierungssignale aus dem Gehirn an diese weiter.

Der Gesichtsnerv teilt sich im Bereich der Parotis in ein feines Nervengeäst auf. Dieses zieht sich fächerartig durch die Ohrspeicheldrüse, von wo aus die einzelnen Äste weiter zu den unterschiedlichen Gesichtsmuskeln verlaufen. Wird ein Parotistumor entfernt, kann das Risiko einer Verletzung dieser komplex verzweigten Nerven während der OP beispielsweise durch Druck, Zug oder Quetschung erhöht werden. Folge für die Patienten können eine vorrübergehende Lähmung einzelner Muskeln bis hin zu einer dauerhaften halbseitigen Lähmung der mimischen Gesichtsmuskulatur sein.

Umso mehr stellt die intraoperative Nervenüberwachung – für Patient und Arzt gleichermaßen – eine unterstützende Methode zur Vermeidung einer Gesichtsnervschädigung dar.

Ablauf des Neuromonitorings bei einer Parotis-OP

Je nachdem wie weit sich der Parotistumor ausbreitet, wird die Parotis entweder teilweise oder vollständig entfernt. Das Neuromonitoring wird hierbei folgendermaßen eingesetzt:

>> Platzierung von Nadelelektroden in der Gesichtsmuskulatur zur Aufnahme der „Nervsignale“ (Muskelantwort)

>> Direkte Stimulation der Nerven durch elektrische Stromstöße (Reize) mittels einer Stimulationssonde

>> Aufzeichnung der Antwortsignale, die aus der Kontraktion (Zusammenziehen) der angeregten Muskulatur resultieren

>> Visuelle und akustische Darstellung der Antwortsignale durch das Neuromonitoring-Gerät

Wird ein Parotistumor operativ entfernt, kann der Arzt durch den Einsatz des Intraoperativen Neuromonitorings frühzeitig vor möglich auftretenden Nervenschädigungen gewarnt werden. Der Einsatz des IONMs kann somit wesentlich zur Patientensicherheit beitragen.

Neben dem Parotistumor und dessen operativer Entfernung wird das IONM auch häufig in der Wirbelsäulenchirurgie eingesetzt, bsp. bei Skoliose.

 


Quellennachweise

1. Spiegel Online, Ohrspeicheldrüsenkrebs: Selten, aber tükisch (2013) Available at: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ohrspeicheldruesenkrebs-eine-operation-ist-pflicht-a-888353.html. (Accessed: 20th July 2017).

Stöhr, M. et al. Neuromonitoring (1999).

Zenner, H. Praktische Therapie von Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten: Operationsprinzipien, konservative Therapie, Chemo- und Radiochemotherapie (2008).

Aage R. Møller, Intraoperative neurophysiological monitoring, 2nd ed (2006).

Yingling, C. „Selective dorsal rhizotomy“, Handbook of Clinical Neurophysiology 8; S. 439–454 (2008).

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