Neuromonitoring kann während der chirurgischen Behandlung von Darmkrebs Folgeschäden minimieren

Darm

Darmkrebs

Der Nervenüberwachung durch Neuromonitoring-Geräte kommt bei der operativen Behandlung von Darmkrebs eine große Bedeutung zu. Die erschwerte Zugänglichkeit des Enddarms die Komplexität der Nervenstrukturen im kleinen Becken können das Risiko für Nervenschädigungen und Folgeschäden wie Stuhl- und Blaseninkontinenz oder Störungen der Sexualfunktion während Operationen erhöhen.[1]

Darmkrebs als zweithäufigste Krebserkrankung

Darmkrebs kann in unterschiedlichen Abschnitten des Darms auftreten und bezeichnet sowohl Tumorerkrankungen des Dickdarms als auch des Mastdarms. Die Mehrheit aller Tumore wird im Dickdarm diagnostiziert. In Deutschland liegt Darmkrebs sowohl bei Frauen als auch bei Männern an zweiter Stelle aller Krebserkrankungen. Jährlich wird bei rund 55.000 Menschen in Deutschland Darmkrebs diagnostiziert.[2]

Operativer Eingriff bei Darmkrebs als wichtigste Behandlungsform

Abhängig vom Krankheitsstadium, der Verfassung der Patient*innen sowie ihren persönlichen Wünschen kommen unterschiedliche Behandlungsverfahren bei Darmkrebs zum Einsatz. In den meisten Fällen stellt eine operative Entfernung des Tumors den wichtigsten Schritt für eine dauerhafte Heilung dar. Informieren Sie sich im Vorfeld umfassend über Operationsverfahren und geeignete Kliniken mit besonderer Erfahrung in diesem Fachbereich (Darmkrebszentren zertifiziert durch die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG)).

Pelvines Intraoperatives Neuromonitoring (pIOM) bisher überwiegend bei Enddarmkrebs

IONM findet im Bereich des kleinen Beckens bisher vor allem bei der Entfernung von Enddarmkrebs Anwendung. Die Entfernung von Darmkrebs im Enddarm stellt für die Ärzt*innen eine chirurgische Herausforderung dar.
Das komplex verzweigte Nervengeflecht rund um den Darm lässt sich mit bloßem Auge nur schwer von anderen Gewebestrukturen abgrenzen. Zudem ist das kleine Becken, zu dessen Bestandteil auch der Enddarm gehört, allgemein schwer zugänglich. Hier befinden sich wichtige Nerven des autonomen Nervensystems, die bei einem Eingriff leicht verletzt werden können.
Durch den Einsatz des pelvinen Intraoperativen Neuromonitorings bei Darmkrebs können diese Nerven neuerdings überwacht und für die Patient*innen das Risiko für Folgeschäden, wie Störungen der Sexualfunktion sowie Blasenfunktionsstörung und Harn- und Stuhlinkontinenz, verringert werden.[3] [4] Dies stellt eine Möglichkeit dar, in großem Maße zur Erhaltung der Lebensqualität der Patient*innen nach einer Operation beizutragen.

Weil das pIOM bei hochkomplexen Eingriffen im Bereich des Rektums wesentlich zur Erhöhung der Patientensicherheit beiträgt, birgt der Bereich enormes Potenzial für medizinische Weiterentwicklungen. Die Forschung ist aufgrund des häufigen Auftretens dieser Krebserkrankungen interessiert neue Wege zu finden um die Eingriffe für Patient*innen sowie Chirurg*innen sicherer zu machen. So wurde 2019 Diplom Ingenieurin Karin Somerlik-Fuchs in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Werner Kneist von der Universitätsmedizin Mainz und Prof. Dr.-Ing. Klaus-Peter Hoffmann vom Fraunhofer IBMT in St. Ingbert für ihre Ausarbeitung zu einer 10-Jährigen erfolgreichen Forschungsarbeit mit dem „Preis für Patientensicherheit“ ausgezeichnet. Die Forschung umfasste die Entwicklung und Etablierung eines Intraoperativen Neuromonitoring-Verfahrens für pelvine Nerven. Erfahren Sie mehr: Pressemitteilung Fraunhofer IBMT „Preis für Patientensicherheit“

Methode des pIOM bei Darmkrebs im Enddarm

>> Platzierung der Ableitelektroden an der Blasenmuskulatur und am analen Schließmuskel

>> Abgabe minimaler elektrischer Reize über eine Stimulationssonde an das autonome Nervensystem des kleinen Beckens

>> Weiterleitung der elektrischen Impulse durch die Nerven an die oben genannten Muskeln

>> Aufzeichnung der resultierenden Muskelreaktion durch die platzierten Ableitelektroden

>> Auswertung der Signale durch das Neuromonitoring-Gerät

Der Einsatz des pIOM ermöglicht bereits während Operationen von Darmkrebs eine Aussage über den Funktionserhalt des analen Schließmuskels, der Blasenmuskulatur sowie der Sexualfunktion zu treffen.[5] [6] Bei einer eventuellen Schädigung der gefährdeten Nervenstrukturen kann die Aussage über deren Funktion die Planung der postoperativen  Therapiemaßnahmen unterstützen.

Dem pIOM liegt die Methodik des intraoperativen Neuromonitorings zu Grunde. Dieses findet beispielsweise auch bei Operationen an der Halsschlagader ihren Einsatz.

 


Quellennachweise

1. Kneist, W., Heintz, A. & Junginger, T. Major urinary dysfunction after mesorectal excision for rectal carcinoma. Br. J. Surg. 92, 230–234 (2005).

2. Krebs – Startseite Zentrum für Krebsregisterdaten. Verfügbar unter: http://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Home/homepage_node.html. (Zuletzt abgerufen am: 06.11.2025).

3. Kauff, D. W. et al. Evaluation of two-dimensional intraoperative neuromonitoring for predicting urinary and anorectal function after rectal cancer surgery. Int. J. Colorectal Dis. 28, 659–664 (2013).

4. Kauff, D. W., Lang, H. & Kneist, W. Risk Factor Analysis for Newly Developed Urogenital Dysfunction after Total Mesorectal Excision and Impact of Pelvic Intraoperative Neuromonitoring – a Prospective 2-Year Follow-Up Study. J. Gastrointest. Surg. 21, 1038–1047 (2017).

5. Kneist, W., Kauff, D. W., Juhre, V., Hoffmann, K. P. & Lang, H. Is intraoperative neuromonitoring associated with better functional outcome in patients undergoing open TME? Eur. J. Surg. Oncol. EJSO 39, 994–999 (2013).

6. Kneist, W. et al. Intraoperative Monitoring of Bladder and Internal Anal Sphincter Innervation: A Predictor of Erectile Function following Low Anterior Rectal Resection for Rectal Cancer? Results of a Prospective Clinical Study. Dig. Surg. 30, 459–465 (2013).

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